sonnen GmbH Wildpoldsried
Blog | März 2024

Aus Wildpoldsried hinaus in die Welt

So sieht Energiewende „Made in Germany“ aus: In Wildpoldsried, einem beschaulichen 2600-Einwohner-Dorf im Allgäu, sagen sich augenscheinlich Fuchs und Hase „Gute Nacht“. Doch gar so urig und in sich gekehrt, wie es auf den ersten Blick anmutet, ist das sogenannte Energiedorf mitnichten.

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Content Team

Wildpoldsried wirkt aus der Ferne betrachtet beschaulich und verschlafen, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen jedoch als einer der größten Standorte in Europa für die Produktion von stationären Stromspeichern, wie sie hunderttausendfach in Haushalten stehen. Die sogenannten Heimspeicher machen es möglich, dass selbstproduzierter Solarstrom auch dann verbraucht werden kann, wenn keine Sonne scheint. Sie gelten daher als eine Schlüsseltechnologie für die Energiewende.

Der Speichermarkt hierzulande hat sich zuletzt innerhalb weniger Jahre von einem Nischenmarkt mit überwiegend deutschen Herstellern zu einem Massenmarkt entwickelt, in den nun immer mehr Anbieter aus aller Welt drängen. Das Unternehmen sonnen gilt vor allem in Deutschland als Pionier dieser Technologie und setzt als solcher der Konkurrenz mehr als zehn Jahre Know-how entgegen – gebündelt in „Wipo“, wie die Mitarbeitenden den Standort der Zentrale auch gerne nennen.

Hier produziert sonnen seine Heimspeicher nicht nur, sondern betreibt auch ein wichtiges Forschungs- und Entwicklungszentrum für die Hard- und Software seiner Produkte. „Made in Germany“ ist schließlich immer noch ein entscheidendes Qualitätsmerkmal im globalen Wettbewerb und bei Konsumenten gefragt.

Wie das genau umgesetzt wird, zeigt sich zum Beispiel bei der Auswahl der Batteriezellen, dem kleinsten Bestandteil der Energiespeichereinheit. Hunderte von ihnen können in einer einzigen sonnenBatterie stecken. Als Qualitätshersteller verlässt sich sonnen nicht blind auf die Angaben seiner Zulieferer, sondern prüft selbst intensiv. Das Unternehmen testet mit großem Aufwand die Zellen verschiedener Hersteller und Technologien im eigens dafür eingerichteten Batterie-Testlabor.

sonnen Batterie-Testlabor

Dort rauscht und surrt und fiept es zugleich, und man muss ein wenig die Stimme heben, um sich noch zu verstehen. „Hier im Testlabor setzen wir einen wichtigen Teil unseres Kundenversprechens um. Um zu prüfen, ob die Batteriezellen unseren Anforderungen genügen, verlangen wir ihnen einiges ab. Aber auch ganz neue Prototypen landen oft hier und werden von uns unter die Lupe genommen“, erklärt Oliver Koch, der CEO von sonnen. Innerhalb einer Stunde wird eine Batteriezelle komplett gefüllt, innerhalb einer Stunde wieder komplett entladen, immer und immer wieder. Eine Belastung, die in der Realität bei den Kunden daheim niemals auftritt. So aber kann sichergestellt werden, dass die Batterien auch langfristig das halten, was sonnen verspricht. 

Anspruchsvolle Batterietechnologie erobert Märkte weltweit

Das Unternehmen legt den Fokus auf eine möglichst lange Haltbarkeit der Zellen und maximale Sicherheit bis zum Ende des Produktlebenszyklus. „Wir hatten Zellen, die haben trotz der Dauerbelastung fast 30.000 Lade- und Entladezyklen geschafft”, erklärt Koch. Zum Vergleich: Ein Haushalt kommt im Durchschnitt auf nur gut 250 Zyklen im Jahr. „Der Grund für die lange Lebensdauer unserer Batterien sind die hohen Anforderungen an Leistung, Kapazität, Zyklenfestigkeit sowie Sicherheit und Performance, die wir von unseren Zelllieferanten verlangen. Wir setzen diese aus Überzeugung weitaus höher an, als vom Gesetzgeber oder Zertifizierungs-Instituten vorgeschrieben”, so Koch weiter.

Oliver Koch sonnen GmbH

Unter Koch, der 2014 als COO (Chief Operating Officer) zu sonnen kam, ist der Standort Wildpoldsried in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Er übernahm Ende 2020 die Führung des Unternehmens von Gründer Christoph Ostermann und setzte dessen Wachstumskurs konsequent fort. Das Jahr 2022 startete das Unternehmen mit 800 Mitarbeitern, ein Jahr später waren es bereits 1250, nun steuert das Unternehmen auf 1.800 Mitarbeiter zu. sonnen brauchte gut zwölf Jahre, um seine ersten 100.000 Batteriespeicher herzustellen. Nun hat das Unternehmen Kapazitäten, um 100.000 Batteriespeicher in nur einem Jahr zu produzieren. Neben der Produktion hat Koch auch die Entwicklung stark ausgebaut, und das weltweit. So hat sonnen mittlerweile Standorte in Atlanta, Bergamo, Berlin, Barcelona, Sydney und eben Wildpoldsried. Da das Batterielabor dort eine zentrale Rolle für die hohe Qualität der sonnenBatterie spielt, nimmt sich Koch wenn es sich einrichten lässt, gern für Besucher Zeit.

Die Lithium-Ionen-Technologie kennen die meisten von ihrem Handy oder ihrem Notebook. Viele auch schon aus ihrem Elektroauto. Innerhalb der Lithium- Ionen-Batterien gibt es zahlreiche Unterarten, die sich teilweise stark voneinander unterscheiden. „Jede Anwendung stellt andere Anforderungen an eine Batterie. Ein Smartphone-Akku ist anderen Belastungen ausgesetzt als eine Batterie für ein Elektroauto oder für einen Heimspeicher“, erklärt Koch. sonnen setzte von Anfang an auf Lithium-Eisenphosphat-Zellen, die auch unter ihren Abkürzungen LiFePO4 oder kurz LFP bekannt sind, nach ihrer chemischen Zusammensetzung in den Elektroden. In den meisten Batterien von Handys, Notebooks oder Elektroautos hingegen kommen andere Gemische wie Nickel-Mangan-Cobalt (NMC) oder Nickel-Cobalt-Aluminium (NCA) zum Einsatz.

„LFP-Batterien sind aus unserer Sicht sicherer und langlebiger als NMC- oder NCA-Akkus“, erklärt Koch. „Sie haben zwar dafür etwas weniger Energiedichte als Zellen in Elektroautos oder Smartphones. Aber Bauraum spielt bei Heimspeichern ohnehin keine so große Rolle wie in Pkw oder tragbaren Geräten“, so der sonnen-Chef. Wie sicher die von sonnen verwendeten LFP-Batterien sind, beweist unter anderem der berüchtigte Nageltest; auch diesen führt das Unternehmen in seinem Batterielabor selbst durch. Dabei wird ein Stahlnagel mitten durch eine Batteriezelle getrieben. Explodiert sie in Folge dessen oder fängt an zu brennen, hat sie den Test nicht bestanden.

Mehr über die 4 Gründe für Lithium-Eisenphosphat in einem Batteriespeicher lesen Sie hier.

Ökologisch wie auch ökonomisch nachhaltig ist ein Stromspeicher zudem nur dann, wenn er viele Jahre lang zuverlässig seinen Dienst verrichtet. „Die einzelnen Batterietechnologien verschleißen unterschiedlich schnell“, erklärt Koch. Smartphone-Akkus schaffen oft nur 300 bis 500 komplette Ladezyklen, bevor sie spürbar an Kapazität einbüßen. Für NMC-Batteriezellen, die häufig in Elektroautos zum Einsatz kommen, sind bereits 1000 Ladezyklen ein guter Wert und ausreichend für diesen Einsatzzweck, da dies bei einer Reichweite von 400 Kilometern pro Vollladung einer Lebensdauer von 400.000 Kilometern entspricht. So weit fahren selbst viele fossil betriebene Fahrzeuge nicht.

Beim Eigenverbrauch mit Solarstrom aber würden 1000 Ladezyklen nicht ausreichen, erklärt Koch: „In Deutschland rechnen wir mit gut 250 Ladezyklen pro Jahr, bereits nach vier Jahren wäre so eine Batterie am Ende und müsste ersetzt werden. Unsere Lithium- Eisenphosphat-Batterien hingegen weisen selbst nach mehr als 10.000 Be- und Entladevorgängen noch mindestens 80 Prozent ihrer Ausgangskapazität auf“, so Koch über die Erkenntnisse aus den Langzeittests. „Ein Spitzenwert“, wie er betont, und „das robuste Rückgrat“ für das Versprechen des Unternehmens, die Energiewende im Eigenheim sicher, zuverlässig und bezahlbar zu gestalten. „Es ist zu großen Teilen dieser außerordentlich hohen Produktqualität zu verdanken, dass die sonnen-Technologie mittlerweile weltweit begehrt ist. Darauf sind wir wirklich stolz, weil wir wissen, dass wir nur auf diesem globalen Level erfolgreich das Klima schützen können. Und das ist unser oberstes Ziel.“

Das A und O: Sicherheit unter allen Bedingungen

Auch bei allen anderen Bauteilen überlassen die Allgäuer nichts dem Zufall, etwa dem Batteriemanagementsystem, kurz BMS, das Herzstück eines Speichers. Es überwacht gut 1100 sicherheitsrelevante Punkte und sorgt dafür, dass die einzelnen Batteriezellen des Haus-Akkus „im Wohlfühlbereich“ bleiben, wie Koch es umschreibt. Auch hier gehen die Entwickler von sonnen nicht zimperlich mit Hard- und Software um, simulieren Überspannungen, Temperaturschwankungen und viele weitere Anomalien – und dringen dabei in Bereiche vor, die man einer echten Zelle nicht zumuten möchte.

sonnen hat inmitten der ländlichen Allgäuer Idylle auch eine eigene Klimakammer eingerichtet, um die verschiedenen Bedingungen seiner unterschiedlichen Märkte simulieren zu können – vom feuchtwarmen Regenwald bis zu trockener Kälte am Polarkreis muss der Speicher zuverlässig funktionieren. Und wie ein Set aus einem Science-Fiction-Film wirkt eine weitere Testeinrichtung, die EMV-Kammer, in der Produkte nach den Regularien des Gesetzgebers auf ihre elektromagnetische Verträglichkeit hin getestet werden. Hunderte Kunststoffpyramiden, sogenannte Absorber, ragen von der Decke und den Wänden gut einen halben Meter weit in den wohnzimmergroßen Raum hinein, eine Messantenne ist genau auf einen Stromspeicher ausgerichtet. sonnen ist eines von wenigen Unternehmen der Branche, die so eine Kammer selbst betreiben.

Es gäbe wohl kaum einen besseren Ort für sonnen als „Wipo“. Die kleine Gemeinde begann bereits Mitte der 1990er-Jahre, die Energiewende entschieden voranzutreiben, baute mehrere Windräder, Tausende Quadratmeter PV-Anlagen und eine Biogasanlage auf – und produziert um ein Vielfaches mehr Energie, als es selbst verbraucht. Das Dorf ist gefragter Partner von Universitäten, Hochschulen und der Industrie für Forschungsprojekte und wurde mit mehreren nationalen und internationalen Preisen bedacht.

Direkt vor Ort fertigt sonnen auch die einzelnen Bauteile zu einem fertigen Speichersystem und führt die Qualitätskontrollen vor der Auslieferung durch. sonnen legt hier ebenfalls großen Wert auf „Made in Germany“ und hohe Qualität, mehrere Zulieferer befinden sich in der direkten Umgebung. Die Wechselrichter etwa kommen aus dem nur 30 Kilometer entfernten Memmingen.

Verschickt werden die fertigen Speicher dann in die ganze Welt, etwa nach Skandinavien, in die USA oder nach Australien. Und so kommt es, dass das Unternehmen im beschaulichen Wildpoldsried per Poststempel auf der ganzen Welt Energiewende macht. In den Köpfen der Menschen, in ihren Kellern, den Hausfluren, den Garagen. So entsteht Schritt für Schritt ein Netzwerk, dessen Potenziale längst nicht vollends entfaltet sind.

sonnen Produktionshalle Wildpoldsried


 Das Interview erschien im Original in der Langstrecke „Smarte Energiewende“ der Süddeutschen Zeitung. Mehr dazu finden Sie hier.